Demokratie meint die politische Teilhabe des gesamten Volkes. Es stellt sich die Frage, ob extreme Gruppierungen des Volkes diese allgemeine politische Teilhabe gefährden.
Nicht nur als Parteien, sondern auch als Protestbewegung agieren extreme Gruppierungen und nehmen Einfluss auf das politische Geschehen. Zwar erregen diese teilweise polizeiliche Aufmerksamkeit, weil sie gewalttätig sind und die Sicherheit von politischen Vertretern oder die des Volkes gefährden, jedoch verfügen sie nicht über ein politisches Programm, das ernsthafte und aussichtsreiche Lösungsansätze für politische Probleme bietet. Da die meisten Bürger*innen nicht weit außen im politischen Spektrum situiert sind, verhindern demokratische Strukturen einen zu großen Einfluss von extremen Gruppierungen auf politische Entscheidungen. Des Weiteren finden Protestaktionen extremer Bewegungen vor allem abseits des Umfeldes statt, das komplexe und zielführende Herangehensweisen zur Bewältigung politischer Probleme bevorzugt und unterstützt. Deshalb ist der Einfluss derjenigen, die in der Mitte des politischen Spektrums situiert sind und viel stärker in Parlamenten repräsentiert sind, viel mehr von Bedeutung. Entfaltet die politische Mitte ihr antidemokratisches Potenzial, geht sie nicht gegen ihre Funktion als Pool für extreme Bewegungen vor, so ist diese Gefahr für die Demokratie deutlich größer als diejenige, die von schwach repräsentierten extremen Ansichten ausgeht.
Allerdings haben Untersuchungen ergeben, dass es viele Gründe dafür gibt, sich extremen Gruppierungen anzuschließen. Wurde man familial autoritär sozialisiert, so ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man ein autoritäres Staatsverständnis vermittelt bekommt, das man (z. B. durch die Teilnahme an extremen Protestbewegungen) zu realisieren versucht (Theorie der autoritären Persönlichkeit, Einflusstheorie). Zudem wird durch unsere immer vielfältigere Gesellschaft der Prozess der Individualisierung bestärkt, welcher zu Orientierungslosigkeit und Handlungsunsicherheit führen kann. Betroffene finden im Extremismus zusammen und Zusammenhalt, weil sie Statusangst verspüren (auch durch die fortschreitende Modernisierung) und auch gewaltbereit werden (Desintegrationsthese sowie Anomie des sozialen Wandels). Gesellschaftliche Entwicklungen könnten zukünftig also Extremismus bestärken.
Viele Gemeinsamkeiten des Links- und Rechtsextremismus sorgen zusätzlich für eine erhöhte Gefahr für die Demokratie. Ein gemeinsamer Antikapitalismus, Antipluralismus, Antiamerikanismus und Antisemitismus (Antizionismus der Linksextremen und Nationalismus der Rechtsextremen) vereinen laut der Hufeisentheorie Links- und Rechtsextremismus an den Polen des politischen Spektrums. Diese gemeinsamen Bestrebungen stellen eine viel größere Gefahr für die Demokratie dar, als es nur schwach repräsentierte „Randfiguren“ tun. Zuletzt wurden von extremen Gruppierungen sogar Themen wie Umweltschutz instrumentalisiert, mit denen sich bisher nur nicht extreme Parteien, die sich deren Komplexität bewusst waren, zielführend auseinandergesetzt haben. Auch hier wird deutlich, dass Links- und Rechtsextremismus immer wieder neue Wege finden, um stärker zu werden.
Abschließend stelle ich fest, dass man die Gefahr von Extremismus für die Demokratie nicht unterschätzen darf, konsequent durch eine verständliche Darstellung der politischen Programme aller Parteien gegen das antidemokratische Potenzial der politischen Mitte vorgehen muss und rechts- oder linksextreme Einflüsse auf das Volk, vor allem auf Kinder und Jugendliche, verringern muss, die die genannten Entwicklungen durchleben werden und somit von extremen Ansichten überzeugt werden könnten, ohne über die Konsequenzen Bescheid zu wissen. Einrichtungen wie die Bundeszentrale für politische Bildung sind wichtig, um auch Orientierungslosen und Handlungsunsicheren wichtige Informationen zur Verfügung zu stellen, die ihnen in extremen Gruppierungen vorenthalten bleiben würden.