Angst und Misstrauen sind während der Coronakrise schwer nicht wahrnehmbar. Verständlich bei all den Leuten, die sich gegen Solidarität und wissenschaftliche Fakten stellen, die ihr Verständnis von Freiheit über das Gemeinwohl und über das Leben vieler Risikopatient*innen stellen. Grundlos jede*n zum Feind zu erklären, finde ich falsch. Viel wichtiger ist es doch, das eigene Verhalten zu hinterfragen im Hinblick auf die Gefahr, die vom Virus ausgeht. Mir hat es geholfen, die Fortschritte zu sehen, um Hoffnung zu schöpfen: den Zusammenhalt des Großteils der Menschen gegen Verschwörungstheoretiker*innen, die wichtige Hilfsbereitschaft im Falle einer Coronainfektion, die Verzichtbereitschaft auf Schönes für ein schnelleres Ende der Pandemie, die zunehmende Impfbereitschaft.
Damit können die Impfskepsis bzw. die Ideologie der Querdenker*innen oder die Impfbereitschaft bzw. die Wertschätzung von Forschungsergebnissen, die von der Mehrheit der Forschenden anerkannt werden, gemeint sein. Letztere sind – wie ich definitiv finde – keine systemischen Probleme, sondern der effektivste Weg aus der Pandemie. Ich finde es schade, dass Coronaleugnende noch mehr Angst und Misstrauen zusätzlich zur ohnehin vorhandenen, des Ausmaßes der tödlichen Gefahr des Virus geschuldeten Verunsicherung verbreiten. Eins möchte ich klarstellen: Es ist das Engagement aller gefragt, um das Coronavirus einzudämmen. Jede noch so kleine solidarische Geste ist wertvoll, beachtens- und lobenswert. Mitläufer*innen sind nicht diejenigen, die den von der Mehrheit der Forschenden anerkannten Daten vertrauen, sondern diejenigen, die sich der Ideologie dagegen anschließen. Hinterfragt werden sollten Meinungen, die potenziell oder offensichtlich den Ernst der Lage ignorieren. Mitdenkende spielen eine aktive Rolle bei der Virusbekämpfung und sind keine Mitläufer*innen. Große verstorbene Forschende würden großes Unverständnis für Egoist*innen und Menschen haben, die die Erkenntnisse ihres eigenen Fachbereichs für nichtig erklären.
Holocaustvergleiche sind eine Verharmlosung der damaligen Zustände und sind keinesfalls triftig. Aus der Vergangenheit hat gelernt, wer das Leid derjenigen sieht und bedenkt, die unverschuldet Schaden davontragen, nämlich u. a. Juden*Jüdinnen und unter Querdenkenden geschuldeten Schutzmaßnahmen leidende Geimpfte. Kurzum sind Holocaustvergleiche mit Bezug zur Coronalage nicht rational. Ich finde, dass ein Maß an Rationalität von allen erwartet werden kann, das die Bereitschaft mit einschließt, diese Krise mit möglichst wenigen Toten so schnell wie möglich zu beenden – auch, wenn dadurch die eigene Freiheit zeitweise beschnitten wird.
Ich finde nicht, dass wir allen Meinungen, Anschauungen und Ideologien mit einem offenen Herzen begegnen sollten. Manche sind nämlich menschenfeindlich, tödlich oder zielen gar darauf ab, NS-Strukturen zu retablieren. Dass die aktuellen Maßnahmen der Weg aus dieser Krise (ja, wir sind in einer Krise, siehe Gesundheitssystem und Wirtschaft) sind, zeigt sich inzwischen doch schon seit über einem Jahr.
Die Mehrheit hat nicht immer recht, der negative Einfluss der dem Coronavirus geschuldeten Pandemie ist jedoch so groß und betrifft vor allem so viele Bereiche, dass die Forschung, die zur Eindämmung jetzt schon seit über einem Jahr unternommen wird, intensiver, gründlicher und kooperativer (auf internationaler Ebene) ist als je zuvor bei einem Virus. Das sollte das Vertrauen in das aktuelle, überwiegend wissenschaftsgeleitete Vorgehen der Politik erhöhen. Hinterfragt werden sollten doch diejenigen, die trotzdem immer noch die Maßnahmen für übertrieben halten …
Die Spaltung der Gesellschaft entsteht nicht durch Menschen, die sich vernünftigerweise impfen lassen, Impfungen öffentlich befürworten und dadurch Ungeimpfte sichtbarer machen, sondern dadurch, dass Querdenkende Unruhe stiften wollen, wissenschaftlich erwiesene Fakten immer noch hinterfragen, durch Misstrauen in die Wissenschaft und die Verweigerung von Schutzmaßnahmen Leben gefährden und sich nicht solidarisch verhalten. Zweifelt nicht an der Existenz einer Krise, zieht keine Holocaustvergleiche, akzeptiert bereits vorhandene, aussagekräftige Forschungsergebnisse, die die Wirksamkeit der aktuellen Maßnahmen zeigen, und stellt Spiritualität nicht als einziges Mittel aus der Pandemie dar! Darüber zu diskutieren, ob solch offensichtliche und grundlegende Fakten wie die von mir eben aufgezählten wahr oder falsch sind, finde ich nicht angebracht.